Immer wieder - und für meinen Geschmack viel zu häufig - findet der erste körperliche Kontakt, das Bonding nach der Geburt, nicht im entsprechenden Ausmaß statt oder fehlt gänzlich für Stunden.
Häufigste Gründe dafür:
Bauchgeburt (sprich: Kaiserschnitt ) ohne das nötige Equipment für ein Bonding im OP; eine vaginal operative Geburt (sprich: mit Saugglocke / Vakuum / Zangengeburt beendete Geburt) oder auch einfach die Einschätzung des geburtshilflichen Personals, dass es dem Baby nicht gut genug auf Mamas Bauch geht und eine Versorgung anderorts benötigt.
Dies ist für die Mütter der Moment, welcher im Nachhinein als maximal traumatisch empfunden wird.
Warum ich das weiß ? So ganz ohne Studien und Masterarbeit, Umfragen oder Ähnliches …
Man nennt es anekdotische Evidenz - kann nicht bewiesen werden, außer, dass es einem im eigenen Arbeitsfeld mehrfach unterkommt.
Sowie eine der Aussagen aus meinem Arbeitsalltag als Hebamme in der Nachbetreuung und bei Trauma-Aufarbeitungen:
“Die Geburt war vorbei und dann haben sie mein Baby weggebracht. Ich weiß bis heute nicht, warum genau”
Diese und ähnliche Erinnerungen teilen Frauen mit mir. Meist unter Tränen oder denen sehr nahe . Naja, sind halt die Hormone nach der Geburt … Nope, sind sie nicht ! Die machen schon sinnvollere Dinge, wie zB das Geburtserlebnis als WOW nachzuspüren und Pipi in den Augen zu haben, wenn man sein Kleines ansieht und/oder Geburtsschmerzen nicht mehr als ganz so arg abrufen zu können - DAS machen Hormone und DAS sollen sie auch , ist ihre Aufgabe , damit wir mehr Lust auf mehr Kinder und mehr Geburten haben. ABER die Frauen, die eben genau diese schwere Erinnerung noch Tage, Wochen, Monate, ja sogar Jahre später genauso nur mit Pipi in den Augen abrufen können, die haben wirklich ein massives Versäumnis erlitten.
Warum also auch immer dieser wichtige erste Bindungsmoment nicht stattgefunden hat…. Er ist für uns Lebewesen essentiell und fehlt uns auf ganz vielen Ebenen.
Die Anwesenheit des Babys ist es, die unser System braucht, um physiologisch weitermachen zu können. Es ist DIE Belohnung - darauf warten wir so sehr, jede Wehe bringt uns das eigene Kind näher - und dann ist es geboren und einfach NICHT da .
Bei Geburt ist nämlich nicht der Weg das Ziel, ja schon irgendwie, aber vielmehr ist es das Ziel, welches den Weg bestimmt, den wir Frauen gehen.
Fehlt sie nun also, diese erste Bindung - ob teilweise oder gänzlich für mehrere Stunden, dann muss sie nachgeholt werden, und zwar so oft Frau es braucht.
Hier sprechen wir vom „Rebonding“
Ich empfehle davor ein ausführliches Revue-passieren-lassen vom Geburtserlebnis: Gefühle hochkommen lassen,
Erinnerungen abrufen.
Gemeinsam mit Baby und Hebamme - die können auch mitsprechen / weinen / trösten.
Danach wird das Baby gebadet.
Die Mama selbst macht es sich im Bett bequem.
Nackig und gut zugedeckt wartet sie auf das Ankommen des nassen Kindes:
Wie nach der Geburt - so wird es auf den Bauch gelegt und gut zugedeckt..
Beide (plus Partner) können so das ersten Kennenlernen wieder und wieder erleben und auskosten, so lange es gut tut.
Oder bis euer Baby sich vor Entspannung erleichtert hat ;)
Good.to.know:
Es kommt meist zu einem starken emotionalen Aufbäumen des Babys,
sprich ‘Weinen’ - das darf sein , bei euch allen !
Manche nennen es auch “heilendes Babybad”
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